Bangkok, die drei größten Missverständnisse, welche jeden Besucher beeinflussen können. Der Neuling, aber auch für den „alten Hassen“, stellt sich immer wieder die Frage, welche Sehenswürdigkeit anschauen, welche Stadtteile besuchen, in welcher Gegend übernachten. Bangkok, für viele Besucher die faszinierendste Stadt in Südostasien, bieten hunderte Möglichkeiten. Und dort, wo eine solche Auswahl besteht, entstehen auch Missverständnisse, die solche Entscheidungen beeinflussen können. Dies hat mehrere Gründe.
Erstens, Bangkok ist eine relativ neue Stadt, wuchs nicht homogen aus einem alten Kern wie etwa die europäischen Städte. Die Stadtteile folgen dem Bau der Straßen und der Besiedlung durch ethnische (regionale) Volksgruppen. Und wenn nicht ein ganzer Stadtteil, dann wenigstens eine Straße, die eigenständig und anders daherkommt als die benachbarte. Darin ähnelt Bangkok der Einwandererstadt New York: Little Italy in Manhattan, die Juden in Long Island, Asiaten in Queens. Beide Städte bestehen aus menschlichen Biotopen, die sich einander reiben, ihre Lebensenergien tauschen.
Zweitens, die „Besiedelung“ durch die Farangs ab den 60-Jahren prägt die Entwicklung. Das moderne Bangkok ist keine originär thailändische Stadt, entstand als Symbiose aus dem Wirken von Farangs und Thais. Das macht diese Stadt in ganz Südostasien einzigartig.
Drittens, viele Reiseführer beschreiben Bangkok mit westlichen Begriffen. Der Inhalt einiger Begriffe passt nicht immer auf die hier anzutreffenden Realien. In diesem Beitrag werde ich auf drei stereotype Missverständnisse hinweisen.
1/ Bangkok verfügt über eine Altstadt
Immer wieder wird der Begriff „Altstadt“ für den Stadtteil Rattanakosin verwendet. Dies ist der Bereich um den Großen Palast, Wat Po und schließt nördlich Banglamphu (Khaosan) mit ein. Altstadt, diesen Begriff assoziieren die meisten Menschen mit dem alten historischen Kern einer Stadt: Sehenswürdigkeiten, urige Kneipen und Restaurants, das „typische“ lokale Kolorit. Wer nach Rom, Paris oder Köln reist, wird bestimm nicht die modernen Stadtbezirke auf seinem Programm haben. Quartier Latin, das Viertel Mairais, die engen Gassen mit Kölsch-Kneipen werden sein Ziel sein.
Die alles trifft so auf Bangkok nur bedingt zu. Rattanakosin ist zwar das historische Zentrum, aber nicht die Altstadt so wie wir sie aus Europa kennen. Als Rama I hierher seinen Palast aus Thonburi verlegte, lebten in dem sumpfigen Gebiet bereits einige Chinesen, meistens Kaufleute. Sie mussten weichen und besiedeltem weiter südlich die heutige Chinatown. Den inneren Bereich der Rattanakosin-Insel umgab eine Mauer, schirmte den königlichen Bezirk ab. Hier lebten ausschließlich die königliche Familie mit ihrer unzähligen Dienerschaft sowie die Chao Chom Damen, die Nebenfrauen des Königs. Der Äußere Bereich bis hin zu den künstlich angelegten Verteidigungskanälen bewohnten Regierungsbeamte und die königliche Wache. Und später kamen dann zahlreiche Wats hinzu.
Und wo entstand die eigentliche alte Stadt mit normalen Bürgern und der gängigen Infrastruktur? Entlang der ersten Straße in Bangkok, der Chaoren Krung, erbaut 1861. Die zweite große Straße in diesem Gebiet Thanon Rathadamnoen wurde erst 1891 angelegt. Normale Bürger siedelten auf der „Insel“ Rattakosin zu dieser Zeit immer noch nicht. Als in Banglamphu (Khaosan) nach dem Jahr 1900 die ersten Holzhütten entstanden, war das Leben in der Silom und besonders in Bang Rak an der Chaoren Krung (die Gegend um das Oriental Hotel) schon seit einigen Jahrzehnten voll im Gange. Na ja, was das reale Leben anbelangt, ist die Stadt Bangkok ein Spätzünder. Die alten historischen Altstadtbereiche liegen also woanders. Wer also mit Rattanakosin, jenseits der steinernen Sehenswürdigkeiten, ein Gebiet mit Kneipen, Cafés und Restaurants assoziiert, wo er gemütlich mit Einheimischen abends klönen kann, wird spätestens ab 20 Uhr eines Besseren belehrt. Das gilt auch für weite Teile der Chinatown.
2/ Bangkoks Innenstadt bildet das Einkaufszentrum Rund um den Siam Square
Siam Square und die Umgebung ist nicht die Innenstadt von Bangkok. Bangkok verfügt über kein zusammenhängendes Zentrum. Die Innenstadt besteht aus mehreren „touristischen Zentren“. Das älteste Zentrum ist die Gegend um die Silom. Sie grenzt im Westen an die Chaoren Krung (im Bereich des alten europäischen Viertels); erstreckt sich von hier bis in das Sathorn-Gebiet, wird westlich begrenz durch den Lumpini Park. Das zweite zusammenhängende Zentrum ist Ratchathewi im weitesten Sinne mit den Bereichen Victory Monument, Phayathai und insbesondere die neue Einkaufsmeile entlang der Ploenchit/Rama I Rd. und der Rathadamri Road mit den Shopping Centern Siam Paragon und Central Word. Das dritte größere zusammenhängende Zentrum der Innenstadt bildet die Sukhumvit.
Diese drei Zentren sind für die Besucher Bangkoks am wichtigsten. Das Besondere an der Stadt Bangkok besteht darin, dass die gesamte Stadt, die alten und die neuen Stadtteile, aus eigenständigen homogenen „Zentren“ bestehen, wo sich die Infrastruktur (Banken, Restaurants, Shopping Malls usw.) multipliziert. Das ist die Folge der spezifischen Stadtentwicklung mit der „Besiedelung von Straßen“ entlang der neu gebauten Verkehrswege, oft an Stelle der zugeschütteten Khlongs. Und auch die Vorliebe von ethnischen und regionalen Gruppen „zusammen“ zu wohnen, hat hierzu beigetragen. Dadurch unterscheidet sich die Stadtstruktur von den anderen asiatischen Städten. An sich ist Bangkok eine Stadt, die aus hunderten Städten besteht. In einem der nächsten Beiträge werde ich mich den einzelnen Bereichen detailliert widmen.
3/ Bangkok, die Hochburg des Sextourismus
Google kennt sie die Klickzahlen nach dem Großem Palast und den Begriffen Sex, Prostitution und Rotlicht. Welche werden wohl höher sein? Wir haben uns auf dieser Plattform dem Themen Nachtleben und Klischees bereits gewidmet. Und wir werden auch weiter zu diesem Thema einige Beiträge veröffentlichen. Warum? Sex sells. Nein, das ist nicht der Grund. Oder haben die Autoren dieser Plattform für dieses fundamentale Thema der menschlichen Existenz eine besondere Vorliebe und ist das der Grund, warum sie in Bangkok leben, die männlichen jedenfalls? Nein.
Der Grund sind Sie, geneigte Leser und insbesondre die Filmstäbe, Journalisten, Blogger, die „Sexfreunde“mit ihren Tipps und der Gegenpol hiervon, die Dauerempörten. Dabei entsteht eine undurchsichtige Suppe, aus der jeder das löffelt, was er löffeln möchte und erwartet. Die Autoren dieser Plattform wollen die Leser nicht mit ihrer Sichtweise behelligen, sie in eine bestimmte Richtung indoktrinieren, sondern mit Hintergrundinformationen die Brühe etwas zu klären versuchen. An dieser Stelle nur eine Anmerkung, aber dafür ungeschminkt und direkt. Für jemanden, der länger in Bangkok lebt, männlich oder weiblich, ist die Heuchelei der meisten Reiseführer und vieler Blogs zu diesem Thema ärgerlich. Es steht natürlich jedem Autor frei, den eigenen Standpunkt zu vertreten. Er darf auch öffentlich demonstrieren, dass er moralisch ein besserer Mensch ist, der auf der sicheren Seite des korrekten gesellschaftlichen Mainstreams schwimmt.
Aber warum empfiehlt er den Lesern, die „Rotlichtviertel“ am besten zu meiden? Warum informiert er nicht neutral wie über einen Nachtmarkt und lässt die Leser dann selbst entscheiden. Vor was will er sie schützen? In keinem der drei Bangkoker „Rotlichtbezirke“ herrscht eine Atmosphäre wie sie etwa auf der Hamburger Reeperbahn. Familien mit minderjährigen Kindern schlendern durch die Soi Cowboy. Die einschlägigen Orte gehören zum Kolorit von Bangkok genauso wie die vielen Tempel.
zu 1. Nur weil eine Altstadt nicht wie Rom aussieht heißt das ja nicht, daß es keine Altstadt ist. In den USA gibts auch oft eine Altstadt, die touristisch interessant ist, aber keineswegs einer Altstadt in Europa gleicht, z.B. Albuquerque, Las Vegas oder San Diego.
„Altstadt, diesen Begriff assoziieren die meisten Menschen mit dem alten historischen Kern einer Stadt: Sehenswürdigkeiten, urige Kneipen und Restaurants, das „typische“ lokale Kolorit.“
Ich finde genau das trifft auf Rattanakosin zu, allein wegen der alten Geschäftshäuser. Chinatown und Charoen Krung gehört für mich auch zur Altstadt, halt alles was 1900 schon besiedelt war. Lokalkolorit findet man zwar eher in der „Ur-Altstadt“ Thonburi, aber in Silom, Siam oder Sukhumvit doch ganz sicher nicht?
zu 2. Das Innenstadtzentrum ist für mich der Siam Square. In Silom oder Sukhumvit würde ich mir schwer tun ein Zentrum für die lokale Gegend zu finden, geschweige denn für die ganze Innenstadt.
zu 3. Bangkok ist genauso ne Hochburg des Sextourismus wie Hamburg oder Frankfurt oder München 😉
Kommentar zu 3. „Bangkok ist genauso ne Hochburg des Sextourismus wie Hamburg oder Frankfurt oder München“
Ich kenne niemanden, der hunderte Kilometer nach HH, F oder M in den Puff fliegt – aber in unseren Fliegern sitzen jedes Mal reichlich Männer, die als Sextouris nach Bangkok unterwegs sind. (Einfach auch mal durch die Seitenstraßen von Patpong + Sukhumvit laufen, das ernüchtert…. )
Ganz Thailand lebt von dieser scheinheiligen „Sex-Industrie“ und von den tausenden Prostituierten, die es ja laut Gesetz gar nicht gibt (ganz gut)! Mitsamt denen, die Abend für Abend im Auftrag des Gesetzes die Bars und Etablissements kontrollieren 😉
Ok, wahrscheinlich wäre ein Vergleich mit der tschechischen Grenze o.ä. besser gewesen. Es geht halt letztlich ums „günstige Vergnügen“. Ich würde aber behaupten, daß Pattaya bei diesen Herren beliebter ist als Bangkok, oder?
Manche von den Sukhumvit Sois ernüchtern sehr. In Nana, Soi Cowboy und Patpong weiß man ja was einen erwartet. Aber wehe dem, der zufällig in z.B. die Soi 33 einbiegt…
Hi Stella! Eine ziemlich merkwürdige Argumentationslogik…
Zitat: „Ich kenne niemanden, der hunderte Kilometer nach HH, F oder M in den Puff fliegt – aber in unseren Fliegern sitzen jedes Mal reichlich Männer, die als Sextouris nach Bangkok unterwegs sind.“ hier musste ich mich festhalten um nicht vom Hocker zu fliegen!
D.h. im Umkehrschluss, nur weil Sie niemanden kennen, kann es auch keinen geben?!?! Des Weiteren wissen Sie ja gar nicht, wer im Alltag im Bus/Bahn ect neben Ihnen sitzt, der eben genau auf dem Weg in den Puff in HH, MUC FFM ect ist.
Ein Oberknaller ist die Behaupten, dass jeder Mann im Flieger nach Thailand ein Sextourist ist!!
Also ich weiß bei so viel Verblödung nicht, wo ich anfangen soll, daher lasse ich es lieber ganz sein und überlasse den Lesern das seine denken!
Danke Florian für deinen Kommentar. Die Sichtweisen von Autoren, die Beiträge über Bangkok verfassen sind verschieden. Jeder, der diese Stadt mehr oder weniger kennt, hat hierzu seinen eigenen spezifischen Blick. Das ist gut so. Denn eine Objektive Wahrheit gibt es nicht. Jeder Besucher, der diesen faszinierenden Ort besucht, sollte sich seine eigene Meinung bilden können und jeder empfindet auch das Faszinosum anders und woanders. Dazu will auch diese Plattform beitragen. Unterschiedliche Sichtweisen zu den hier angesprochen Themen sind deshalb ausdrücklich erwünsch und wichtig.
Relativität in allen Ehren, aber bitte auch in Maßen. Eine objektive Wahrheit gibt es in vielen Fällen schon. Ob jetzt in diesem Fall auch, weiß ich nicht.
Also ja zu unterschiedlichen Sichtweisen, aber als Nerd versuche ich gerne Klarheit zu schaffen, manchmal auch wenn es unmöglich ist 😉
In diesem speziellen Fall finde ich es etwas herablassend zu sagen: „Die Altstadt ist nicht alt genug und auch nicht so wie bei uns daheim“. Wie gesagt, das gilt auch für Altstädte in anderen neuen Ländern, wie den USA.
Außerdem möchte ich mal jemanden aus dem Mittelmeerraum abends in einer deutschen Altstadt sehen. Der fragt wahrscheinlich den nächsten Passanten, wo denn jetzt die Altstadt ist – wenn er einen Passanten findet. 😉
Wo lebst man denn nun am Besten in Bangkok als Europäer wenn man die überteuerten Stadtteile vermeiden will?
außerhalb der teuren Stadtteile, aber es hängt davon ab, wie die Verkehrsverbindung, BTS, MRT, Boot sein soll, oder auch die Infrastruktur in der Umgebung: vielleicht in der oberen Sukhumvit oder etwa Thonburi unweit des Piers Wang Lang…, aber letztendlich hängt das vom Budget ab…, das „teuer“ bezieht sich wohl lediglich auf die Miete, oder?