Bangkok: das historische Zentrum. In „Bangkok-Unterwegs“ beschreiben die Autoren Sparziergänge durch besondere Orte. Sie möchten die Besucher einladen, die Inspiration aufzunehmen und selbst auf Entdeckungsreise zu gehen.

Einen Überblick über das „touristische Bangkok“ enthält der Artikel: Bangkok, die Stadt der tausend Gesichter

Das historische Zentrum (Ratanakosin), von manchen auch als Altstadt bezeichnet, ist für die meisten Besucher dieser schillernden Stadt die erste Anlaufstelle. Das ist kein Wunder. Befinden sich dort die beiden am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten.

Aber wer hier nur den Großen Palast und Wat Pho besucht und gleich zu einer neuen „Sehenswürdigkeit“ hetzt, dem entgeht der eigentliche historische Scharm des Viertels.

Etwas Geschichtliches zur Einstimmung

Im Jahr 1767 gefiel den Birmanen die damalige Hauptstadt Ayutthaya nicht mehr und sie demolierten diesen Ort gründlich. Das sollte aber Touristen nicht abhalten, die alten Ruinen zu besuchen, sie sind äußerst fotogen.

Und bitte nicht über die Birmanen schimpfen. Dieses arme Volk zahlte für den Frevel einen hohen Preis. Später mussten sie die kolonialen Engländer ertragen, das fette indische Essen der importierten Kulis essen.

Und was besonders schrecklich ist, die eigene Hauptstadt Yangun büßt bis heute: kaum Shopping-Malls, nur wenige Hochhäuser und ein Nachtleben wie in einem Mädchenpensionat.

Aber zurück zu den wilden alten Birmanen. Der damalige thailändische König Taksin, mit dem früheren Staatschef Thaksin weder verwandt noch verschwägert, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Weinte fast eine Stunde lang bitterlich, wie alte Chroniken zu berichten wissen, und wollte aus dem geschändeten Ayutthaya nichts wie weg.

Deshalb nahm er dankbar die Einladung der Mon an (ein Volk, eingewandert aus Burma), die in Thonburi eine königliche Zollstation betrieben.

Den Verlust seiner Hauptstadt konnte der König nicht verschmerzen und wurde darüber wunderlich. Seinen Höflingen war ein wunderlicher König suspekt, sie rasierten seinen Kopf und ließen ihn zur Strafe den ganzen Tag im Kloster Mantras aufsagen.

General Chakri/Rama I

Dem erfolgreichen Heerführer Chakri, der Liebling der alteingesessenen Eliten, gefiel ein solcher frevelhafte Umgang mit einem leibhaftigen Monarchen natürlich nicht.

Nachdem der 4-Sterne General von einer militärischen Dienstreise aus Kambodscha zurückgekehrt war, richtete er die Frefler schnick-schnack hin.

Und da ihm der verwirrte Mönch-König leidtat, ließ er ihn standesgemäß in einen Seidensack verpacken und mit einer Sandelholzkeule totprügeln. Noch am selben Tag begründete er als Rama I die noch heute herrschende Chakri-Dynastie.

Rama I wollte seine Dynastie verständlicherweise nicht auf blutbeflecktem Boden weiterführen. Das kleine Olivendorf Bang Kok am östlichen Ufer und dessen chinesische Bewohner gefielen dem König so gut, dass er sich hier 1782 mit seinem Grand Palace niederließ.

Die Chinesen waren selbstverständlich stolz auf einen so hohen Besuch und luden ihre Verwandten aus der ganzen Welt ein. Die Verwandten kamen in Scharen, bestaunten den König und blieben, auch deshalb, weil das Hafenpersonal ob eines solchen Ansturms in einen unbefristeten Streik trat.

Ihre Unterkünfte bauten die fleißigen chinesischen Ahnen, einen kleinen erzwungenen Respektabstand wahrend, weiter flussabwärts; der heutigen Chinatown.

Das historische Zentrum Rattanakosin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt zwei Bereiche. Den inneren Bereich der Rattanakosin-Insel (ja, es ist tatsächlich eine Insel, eingebettet in den Chao Praya und Khlong Ong An) umgab eine Mauer, schirmte den königlichen Bezirk ab. Hier lebten ausschließlich die königliche Familie mit ihrer unzähligen Dienerschaft sowie die Chao Chom Damen, die Nebenfrauen des Königs.

Der äußere Bereich bis hin zu den künstlich angelegten Verteidigungskanälen bewohnten Regierungsbeamte und die königliche Wache. Und später kamen dann zahlreiche Wats hinzu. Und noch später siedelten hier auch normale Sterbliche.

Der Große Palast und Wat Pho

Zu den beiden Top Adressen ist nicht viele zu sagen. Die erstere „muss man gesehen haben“ oder auch nicht. Ich hatte das Glück während der Covid-Zeit die leere Atmosphäre der Palastanlage wieder nach vielen Jahren zu genießen, den Hauch der Jahrhunderte zu spüren. Solche „erhabenen Gefühle“ kommen bei den üblichen Touristenmassen nicht auf.

Dann schon eher zu dem weniger besuchten Wat Pho (Wat Photharam) trotten. Der hat schon einige Jahre mehr auf dem Buckel (stammt aus dem 16. Jh., wurde später renoviert und erweitert).

Es ist eine der ältesten Tempelanlagen auf dem heutigen Gebiet von Bangkok mit sehr anmutenden Stupas, und natürlich der riesige liegende Buddha für Selfies.

Wo beginnen wir unseren Spaziergang?

Es gibt zwei Möglichkeiten: die „Khaosaner“ reisen stilgerecht mit einem Wasserfahrzeug an und verlassen das Expressboot am Pier „Maharaj“ und beginnen ihren Spaziergang beim Amulet-Market.

Ich als notorischer „Sukhumvitler“ reise moderner mit der MRT und entsteige der Untergrund-Bahn in der Nähe des Blumenmarkts (Pak Khlong Talad) an der Station „Sanam Chai“.

Und hier an dieser MRT Station lassen wir unseren Spaziergang beginnen. Die Khaosaner müssen halt reziprok denken, haben dafür aber einen logistischen Vorteil. Und gleich zu Beginn der Hinweis, der hier beschriebene Ausflug muss nicht an einem einzigen Tag absolviert werden.

Ein Ausgang der MRT signalisiert Richtung Wat Pho, ich würde Richtung Blumenmarkt aussteigen und die Maharat Rd. Parallel zum Fluss hochlaufen (interessanter).

Entlang der Straße zahlreiche alte Geschäfte mit allem Möglichen aus der vor 7/11 Zeit, kleine Märkte, Restaurants, Cafés…; fast direkt gegenüber dem Eingang zum Wat Pho das kleine urige Café „Pink Rabbit“, vermutlich die besten Cakes in Bangkok.

Die Amorosa Bar in der Nacht

Und gleich eine Stichstraße weiter Richtung Fluss die Arun Residence direkt am Fluss mit zahlreichen Restaurants und ganz oben die offene Amorosa Bar.

Am besten in der Abenddämmerung oder nachts kommen, atemberaubende Fotos vom Wat Arun gegenüber inbegriffen. Diesen Ort im Notizbuch notieren.

Vom Wat Pho laufen wir die Straße weiter hoch. Die erste Teilstrecke nicht so berauschend; rechts die lange Mauer des großen Palastes, links ein langgestreckter Parkplatz und einige Militär Einrichtungen…

…an der Kreuzung rechts zu normalen Zeiten Absperrungen mit Tour- Gruppen hinter Fähnchen, die sich langsam zum Eingang des Grand Palace schieben…am besten hier zur Mittagszeit ankommen, dann sind viele bereits weg.

Für mich beginnen die Highlights in dieser Gegend weiter oben und so gehe ich geradeaus entlang der Maharat Rd.

Amulet-Market

Gegen Ende der Straße, fast schon bei der Thammasat Universität, beginnt der Amulet-Market. Es ist ein Gewirr von überwiegend überdachten Pfaden und Hallen, das sich von der Straße zum Fluss zieht.

Wie der Name besagt, werden hier Amulette, aber auch unzählige Buddhafiguren und andere Artefakte verkauft, all das, was das Herz eines Buddhisten höherschlagen lässt.

Gewirr der Gassen

Aber das ist nicht alles, in dem Gewirr der Gassen verstecken sich Märkte mit allerlei Waren, und wo es Märkte gibt, locken auch preiswerte Restaurants.

Studenten der nahen Universität, überwiegend in deren weiblichen Ausgabe, gehen hier ihrer Lieblingsbeschäftigung nach…kin ahaan, aroi, aroi.

Bisher haben wir nur einen kleinen Teil des historischen Bezirks gesehen. Deshalb gehen wir einige hundert Meter zurück zum Maharaj Pier. Das Express-Boot besteigen und am Tha Tien Pier aussteigen und zurück zum Ausgangspunkt am Kanal (MRT „Sanam Chai“) oder zurücklaufen.

Die Hinterhöfe des Blumenmarkts

Wir überqueren an der Kreuzung den Kanal. Würden wir geradeaus weiterlaufen, stolpern wir direkt in den Blumenmarkt entlang der Chakkraphet Rd. Aber der Pak Khlong Talad ist am schönsten erst am Abend.

Deshalb laufen wir entlang des Kanals die Atsadang Rd. hoch. Wer neugierig ist, und das sind wir alle, der nimmt seinem ganzen Mut zusammen (es ist nicht gefährlich) und biegt von der Straße in die überdachten Passagen ein.

In den Hallen dahinter sortieren geschickte Hände die Blumenbündel, arrangieren Gebinde und vieles mehr. All das was Händler später auf der Straße oder Geschäften des benachbarten Marks an Mann und Frau bringen.

Quizfrage: wofür sind alle die Blumen? Wir kennen doch den Film „Schenke in Thailand keine Blumen“, oder?

Richtig, die tausenden Rosen und Orchideen am Markt dienen als Schmuck, schmücken Hotels, Büros und Shopping-Malls. Phuang Malai, Girlanden aus Jasmin oder Chrysanthemen, verzieren Buddha-Statuen, Bräute und die Innenspiegel der Taxis, bringen Glück und bezeugen Respekt.

Wat Ratchabophit

Weiter, weiter…der Schweiß rinnt…es ist nicht mehr weit. Hinter einem Kanal ein Wat…ja, von denen gibt es in Bangkok viele. Aber dieser zählt für mich zu den schönsten.

Wat Ratchabophit, thailändische und europäische Elemente in harmonischer Einheit vereint, bunte Kacheln, Perlmutt, Schwarzlack…erbaut 1869.

Davor ein europäisch anmutender Friedhof mit Gruften im thailändischen Stil. Hier ruht die Asche von Mitgliedern der königlichen Familie. Abends schimmern die Gruften geisterhaft im faden Licht der Tempelbeleuchtung.

Bevor wir erwartungsvoll zum Eingang stürmen, direkt am Kanal ein Café/Restaurant/Bar, nennt sich M.T. Rollin Club. Allein schon wegen der Einrichtung ein Muss; Dekadenz pur, durch ein Zeitfenster direkt aus der Belle Epoche gefallen.

Wie geht es jetzt weiter: wir wollen zum Abschluss noch in ein Gebiet, es liegt fast um die Ecke; von den 30ern bis Mitte der 60er der kommerziellen Mittelpunkt Bangkoks, und auch das Entertainment war hier zuhause.

Jugendliche versammelten sich hier jeden Abend und huldigten zum Schrecken der konservativen Eltern ihren amerikanischen Vorbildern: westliche Mode, Elvis Presley, Cliff Richards und in den Kinos lief James Dean (die kulturelle Bereicherung kam mit dem Vietnamkrieg). Am Ende der 60er übernahm der Siam Square, aber den kennen wie alle.

Mit der Wegbeschreibung muss ich passen, wenn ich in diese Gegend möchte, irre ich intuitiv oder gebe die folgenden zwei Begriffe in Google Map ein:

The Nightingale Olympic und Old Siam Plaza

The Nightingale Olympic ist die älteste noch aktive Shopping Mall in Bangkok. Wer den hässlichen Zweckbau betritt, fällt durch ein Zeitfenster.

Neben einigen Textilien und Kosmetik lagert die Mall zahlreiche „Antiquitäten“ aus den früheren Tagen, und auch die Verkäufer sind mehr als vintage.

Achtung: fotografieren sollte man heimlich, die Verkäufer scheinen sich wegen ihrer ollen Schätze zu Schämen, denn in Thailand zählt nur das neue moderne.

Die Old Siam Plaza ist die new Siam Plaza von gestern. Wer ein Faible für Historisches hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen.

Und auch bei Elektronik-Freaks erhöht sich der Pulsschlag. Alles was etwas mit Lautsprechern, Musik, Geräten und Elektronik allgemein zu tun hat, wird in dieser Gegend verscherbelt.

Und das „Schöne“ an dieser Gegend, obwohl fast Mitten in Bangkok (grenzt an die Chinatown), Bleichgesichtern begegnet man hier nur selten.

1 Kommentar

  1. Vielen Dank. Endlich ein neuer Artikel. Ich habe schon einige Spaziergänge nach diesen Anleitungen unternommen. Danke für diese Anregungen. Da werde ich morgen gleich mal los laufen…. 🙂

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