Start Alles Patpong Museum: die Geschichte des modernen Bangkoks

Patpong Museum: die Geschichte des modernen Bangkoks

0

Das Patpong Museum, die Geschichte des modernen Bangkoks. Wenn ein „Ereignis“ ein Museum erhält, bedeutet das oft eine Reise in die Vergangenheit. Ja, sie ist immer noch da diese Straße an der Silom, genauer gesagt, es sind zwei. Im kollektiven Bewusstsein fest verankert als das notorische Rotlichtviertel von Bangkok. Das war nie ganz korrekt, weder zur Zeit ihrer Entstehung, noch später während ihres höchsten Ruhms und auch heute nicht.

Aber was war und ist die Patpong? Eine Antwort ist nicht einfach. Vorverständnisse, Klischees und vor allem die westliche Brille erschweren das Verständnis. Ein Versuch. Und eines vorab, das unlängst eröffnete Patpong Musem erfüllt seinen musealen Auftrag auf einem hohen Niveau.

Das Museum dokumentiert nicht nur die Geschichte der besagten zwei Straßen, sondern gewährt einen Blick in die Geburtsstunde des modernen Bangkoks, das an diesem Ort das Licht der Welt erblickte. Zunächst etwas Geschichtliches und dann zum Museum selbst.

Die Geburtsstunde des modernen Bangkoks

Jede neue Zeit bedarf eines besonderen Impulses. Im letzten Jahrhundert gab es in Thailand gleich zwei. Einmal der zweite Weltkrieg, und hier insbesondere die Auseinandersetzung zwischen Japan und den USA, in die Thailand hineingezogen wurde („die Brücke am River Kwai“). Und einige Jahre später der kalte Krieg zwischen „Ost und West“, ausgefochten in Asien vor allem in Vietnam.

Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Bangkok zwar Ausländer, aber abgesehen von Vertretern einiger europäischer Handelshäuser, standen die Farangs meistens im Dienste des Königshauses. Das änderte sich dramatisch ab Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und seit diesem Zeitpunkt geht es mit der Stadt „modern“ aufwärts.

Zurück zu den Anfängen

Aber zunächst noch einen kleinen Schritt zurück. Im Jahr 1946 kaufte der chinesische Immigrant, der spätere Patpongpanich, vom Königshaus eine Bananenplantage zwischen der Silom und Surawong Rd. Sein Sohn Udom studierte mittlerweile in den USA und schloss sich dort der antijapanischen Allianz an. Zu dieser Zeit hatte er bereits Kontakte zu der Vorgängerorganisation der CIA.

Entlang der Silom verlief ein Kanal, der den Chao Praya mit dem Hualampong Kanal verband, der heutigen Rama IV. Die Bebauung der Silom entlang des aufgeschütteten Hochwasserdamms bestand aus kleineren Stadthäusern (der Name „Silom“ bedeutet Windmühle, die hier früher betrieben wurden; ein stilisiertes Exemplar erinnert daran in der Silom am Kanal).

Als Erbe des Landstreifens baute Udom eine Straßen als Verbindung zwischen der Silom und der Surawong. Jetzt ging es rasant aufwärts. Udom entwickelte seit Beginn der 50er die Patpong zunächst zu einem Business-Distrikt für ausländische Unternehmen. Dabei halfen ihm auch seine amerikanischen Kontakte.

Neben Geschäften und Office-Buildings siedelten hier die ersten bedeutenden amerikanischen und ausländischen Unternehmen (IBM, Caltex, Shell, KLM, Sabena), aber auch die US Chamber of Commerce, United Press, und auch die CIA war nicht weit.

Dann überschlugen sich die Ereignisse. Der Vietnamkrieg schwemmte amerikanische Soldaten nach Bangkok. Bangkok wurde ein Intelligent-Hub im kalten Krieg. Von hieraus wurden die Einsätze für den geheimen Krieg in Laos und Kambodscha gegen den Vietkong koordiniert…und nicht zufällig hatte die von der CIA betriebene Air America ihren Sitz in der Patpong.

Für das Business wurde es dort langsam zu eng. Auf der Tagesordnung stand für die amerikanischen Morituri die Erholung und Amüsement (Rest & Recreation Programme). Und auch jetzt gab die Patpong den Vorreiter.

Das erste Amüsierviertel für Farangs

Die ersten Musikclubs eröffneten wie etwa die „Mississippi Queen“ mit Jazz, Blues und Soul. Bald wellten die ersten Gogo-Tänzerinnen ihre Körper auf improvisierten Bühnen. Ausländische Korrespondenten, Airline Crews, Diplomaten, Peace Corp Volunteers und die ersten Expats strömten in Scharen. Und natürlich amerikanische Offiziere; die einfachen Soldaten hatten ihre Amüsiermeile in der New Petchaburi Road; „The Golden Mile“, eine ununterbrochene Strecke von mehreren Kilometern gepflastert mit Bars, Massage Parlours und Restaurants.

Später strömten auch die ersten Touristen. Und dann ging alles sehr schnell. Weitere Bars, Klubs, Discos eröffneten. In den Gogo-Bars erfreuen Farmgirls aus dem Isaan das Publikum. Die Patpong 2 kam hinzu. Dazwischen drängelten Restaurants, Massage Parlours und Friseursalons für die Tänzerinnen.

Über den Gogo-Bars siedelten Hostessbars mit adrett gekleideten Mädchen. Businessmen, Diplomaten und andere Herren von Welt verbrachten hier ihre „Happy Hour“ auf ihrem spät nachmittäglichen Weg ins traute Condo…Filipinos lieferten die Musik, die Damen den Smalltalk, Flaschen mit eigenem Namensschild den Booze. Am Wochenende spielten im britisch gestylten Pub „Bobby’s Arms“ wechselnde Bands aus Filipinos und Farangs; Zugang über ein Parking Lot.

Mit der Zeit erschienen auch die berüchtigten Ping-Pong-Shows: Mädchen schießen mit Pfeilen aus ihrem Unterleib auf Luftballons und mit Ping-Pong Bällen nach den Gästen, die begabteren malen mit der gleichen Technik florale Kunstwerke aufs Papier und stellvertretend für die Schüchternen praktiziert ein junges Paar mit gelangweiltem Gesichtsausdruck das Boom-Boom auf der Bühne.

Die Patpong war der ultimative Treffpunkt für alle in Bangkok lebenden Expats. Zu dieser Zeit gab es noch keine Sportsbars, Cafés, nur wenige elitäre Clubs für Ausländer; eigentlich ein soziales Netzwerks in Zeiten, als der digitale Autismus noch nicht grassierte. Und auch Touristen hatten diese beiden Straßen hoch oben auf dem Sightseeing-Zettel.

An diesem Ort vermischten sich westliche Amüsierbedürfnisse kongenial mit dem asiatisch-thailändischen Konzept des Sanuks. Und das alles bereits zu einer Zeit, als die „68er“ erst langsam anfingen das Korsett des moralinsauren und prüden Nachkriegsdeutschlands abzustreifen; in den umliegenden Ländern sah es nicht besser aus.

Die Patpong heute

Seit Ende der 90er begann der Niedergang. Immer mehr Diskotheken, Musikclubs und die Hostessbars schlossen. Dort, wo früher in den Außenbars die Expats auf Fernsehern die Nachrichten verfolgten, quetschen sich die Stände des Nachtbasars; überteuert, Nepp…

…Geschäfte mit Lederwaren und Schuhen, Türschilder in kyrillischer Schrift. Und mitten drin drängeln schwitzenden Touristen. Die Patpong verkam zu ihrer eigenen Karikatur. Viele Expats und Touristen zieht es zu anderen nächtlichen Hotspots.

ABER, wer sich an eine der Außenbars in der Patpong 2 setzt, kann immer noch die einstige Atmosphäre erspüren. Und manch eines der traditionellen Lokale oder Bars blinzelt aus dem Orkus der Vergangenheit, besondere Atmosphäre inbegriffen; anders als in der schnelllebigen Nana Plaza und Soi Cowboy. Interessierte können auf den Seiten des Bangkoker Nightlife-Gurus „Stickman Bangkok“ kundige Infos einholen.

Ein Resümee

Die Patpong ist vermutlich das erste komplexe  Amüsierzentrum auf der Welt, das einen Teil der männlichen Amüsiergenüsse nicht in düstere Bahnhofsviertel oder verrufene Rotlichtbezirke verbannte.

Auch Damen konnten hier unbedenklich schlendern, eine Gogo-Bar besuchen oder Ping-Pong-Shows beiwohnen; das gilt bis heute so auch für die weiteren einschlägigen Amüsiermeilen in Bangkok.

Gleichzeitig war die Patpong der Geburtsort des modernen Bangkoks; eine Stadt in ihrer ersten modernen Form weder thailändisch noch westlich, sondern wie das dritte Geschlecht eines Kathoys, beides; das gemeinsame Projekt der Farangs und Thais.

Intermezzo: und die Amüsier-Zentren der Thais?

Ja, die gab und gibt es auch, wobei in den drei „westlichen“ kaum mehr als 5-10% der weiblichen Belegschaft des Gewerbes ihrem Lebensunterhalt nachgeht; der Rest ist dem Sanuk der Thais vorbehalten.

Das erotische Zentrum lag, wie sollte es auch anders sein, in der Chinatown. Der notorische Sampeng Lane, einer der heutigen touristischen Hotspots, diente in früheren Zeiten als Hauptstraße im Gewirr der engen Gassen. An diesem Ort blühte damals der berüchtigte Bangkoker Rotlichtbezirk. Ein schummriges Bordell bedrängte das nächste, daneben Opium-Höhlen und Spielhöllen.

Und auch heute beherrschen überwiegend ethnische Chinesen das Geschäft mit der erotischen Lust. Was die Thais angeht, das ganze diskret in verstreuten „Hotels mit Nummern“. Asiatische Müßiggänger bevölkern die großen Entertainment Komplexe in Ratchada; vulgo Massage Parlours mit angeschlossenen Themen-Zimmern. Und thailändischen Geschäftsleute unterhalten abends ihre westlichen und östlichen Kunden in teuren Member-Clubs; all-inklusive.

 Das Patpong Museum

Das Patpong Museum gründete der Österreicher Michael Messner, der Sohn des bekannten bildenden Künstlers und Visionärs Ernst Fuchs. Zusammen mit seinen Partnern investierte er mehr als eine Million US-Dollar in das Museum. Seine Familie leitet das Ernst-Fuchs-Museum in Wien. Er selbst lebt seit 2001 in Bangkok und betreibt den Barbar Fetish Club und die Black Pagoda – direkt über dem Patpong Museum in der Patpong 2 Road.

Die Geschichte der Patpong…

Das Museum dokumentiert den „Aufstieg“ der Patpong von den historischen Anfängen der Familie Patpongpanich, die bis heute das „Land“ der beiden Straßen eignet…bis hin zu den Glanzzeiten dieser Amüsiermeile.

Das Museum erzählt gleichzeitig die Entwicklung des modernen Bangkoks aus der Perspektive einer Strasse; spiegelt dessen Geschichte durch unzählige Artefakte, Fotos, Zeitungsausschnitte, Modelle und Dokumente und erweckt sie damit zum Leben.

…untrennbar verbunden mit dem Vietnamkrieg…

Es ist aber auch eine Tour der Force durch einige „Realien“ des Vietnamkrieges, die vielen Besuchern heutzutage kaum mehr geläufig sein dürften; etwa Comic-Bücher mit antikommunistischen Propaganda…

…oder über den legendären CIA Agenten Tony Poe. Diese schillernde Figur versorgte in den Nachbarländern antikommunistische Rebellentruppen mit Waffen, trainierte Tribes in Laos im Kampf gegen den Pathet Lao und den Vietcong, sammelte abgeschnittene Ohren der Feinde. Er hatte seinen Standort ebenfalls in der Patpong.

Selbstverständlich darf auch Air Amerika nicht fehlen, inoffiziell vom CIA betrieben. Deren Piloten retteten abgeschossene Militärpiloten und flogen Einsätze im „Secret War“ in Laos.

In einem Raum befindet sich eine Miniatur-Nachbildung des gesamten Patpong-Viertels. An den Wänden hängen frühere Zeitungsausschnitte und Fotos, die das „Leben“ in den Bars und Clubs dokumentieren…aber auch Fotos von prominenten Besuchern wie Marlon Brando, David Bovie, Jean Claude Van Damme, der hier einen Film drehte, Bob Hope, Don King, Willem Dafoe u.a.

Der letzte Raum im Museum ist der X-bewertete Bereich, der einen Einblick in Patpongs „härtere Attraktionen“ bietet. In einem Bilderrahmen, vermutlich direkt aus der Zaubererschule Hogwarts importiert, wellt eine Dame ihren Körper in einem gekonnten Streaptease so lebendig, als ob sie dorthin auf ewige Zeiten verbannt wäre. „Modelle“ imitieren einen Ping-Pong Show, Besucher können versuchen Ladyboys zu erraten.

Die ganze Ausstellung ist professionell gestaltet, versehen mit zahlreichen Artefakten, von denen hier nur eine kleine Auswahl erwähnt wurde. Wer Glück hat, erhält eine fachkundige Führung.

…und dem Leben an sich

Manch einem Besucher mag dabei auch etwas die westliche Brille verrutschen. Und wenn er dabei nur ein wenig zu zweifeln anfängt, ob seiner festen Weltbilder und moralischen Werturteile,…den Hauch eines Gefühls erfährt, was eigentlich Lebensfreude bedeutet…,

…dann hat er nicht nur seine geschichtlichen Kenntnisse über Bangkok und SOA erweitert, sondern vielleicht auch etwas für sein eigenes Leben „gelernt“.

Es mag kein Zufall sein, dass mir nach dem Besuch des Museums und Abfassung dieses Artikels die Erkenntnis von Randall Wallace in den Sinn kam: „Every man dies, not every man really lives.”

PS. Das Museum liegt in der Patpong 2 gegenüber Foodland, Eintritt 350 B, ein Softdring an einer nachgebauten Bar inclusive, geöffnet täglich von 11 bis 23 Uhr.

(Ein Teil des Bildmaterials stammt aus dem Patpong Museum)

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.