Bangkok auch jenseits von Sightseeing erleben und entdecken; Anregungen für Anfänger und Fortgeschrittene.
Bangkok gilt als eine der vielfältigsten Städte in Südost-Asien. Fast jeder Tourist in Thailand besucht diese Stadt; manche möchten sofort weiter, andere kommen begeistert wieder. Dazwischen gibt es alle Schattierungen. An was liegt das?
Bangkok schaut aus tausenden Gesichtern. Es ist nicht immer einfach, einen Zugang zu dieser Stadt zu finden. Wer sich aber auf diese Stadt einlässt, seine westliche Brille ablegt, mag die tiefe Lebensweisheit von William Wallace erfassen: „Every man dies, not every man really lives.“
Dieser Artikel enthält einige Anregung, wie die Stadt erleben, statt nur zu besichtigen.
Was erschwert den Zugang zu Bangkok? Es gibt mehrere Besonderheiten, die das Erleben der Stadt erschweren. An dieser Stelle nur die wichtigsten.
Die Vielfalt der Stadt
Viele europäischen Städte und die meisten asiatischen haben eine einfachere Struktur. Die sehenswerte Altstadt bzw. wenige „touristische“ Zentren. So etwas besitzt Bangkok nicht. Die Stadt ist relativ jung und entwickelte sich „chaotisch“. Hier ein kurzer Überblick der touristisch interessanten Stadtteile und Gebiete.
Der historische Bezirk
Das ist der Bezirk um den Großen Palast und den Wat Pho auf der Rattanakosin-Insel (siehe hierzu den Artikel: Bangkok-Unterwegs: das historische Zentrum).
In dessen Anfängen lebten hier nur Beamte, Soldaten und Diplomaten, in den ersten Tempeln auch Mönche.
Der Transport erfolgte ausschließlich über den Fluss und die Kanäle. Die erste Straße, die Chaoren Krung, wurde erst unter König Mongut (Rama IV) um das Jahr 1863 gebaut, als die Pferde der Diplomaten nach einem längeren Auslauf verlangten.
Wer auf der Chaoren Krung vom Palast bis etwa in die Silom-Gegend (später der erste Business-Distrikt der Stadt) wandert, wandelt auf historischem Boden und kann auch heute noch das eine oder andere ältere Haus bewundern.
In der Gegend um das TAT Building (altes Hauptpostamt) befand sich das früheren europäischen Viertels; auch heute gibt es in der Gegend um die Haroon Moschee einiges zu entdecken (siehe hierzu den Artikel: Bangkok-Unterwegs: Das alte europäische Viertel)
Erst so ab 1900 wurden weitere Straßen gebaut, welche dann sternförmig vom historischen Bezirk die Stadt erschlossen.
So liegt etwa die notorische Khaosan in einem der ältesten Bangkoker Bezirke (Banglampoo), auch heute noch mit viel Lokalkolorit versehen (siehe hierzu den Artikel: Die Khaosan, das verblichene Backpacker-Paradies)
Und wer von der Thammasart-Universität die Maharat Rd. entlang läuft in Richtung Großer Plast und Wat Pho, kann in dem engen oft überdachten Straßengewirr zum Fluss hin zahlreiche kleine Märkte und viel früheres Bangkok entdecken…für mich interessanter als der mit Touristen überlaufene Grosse Palast.
Chinatown
Die vom Großen Palast weiter flussabwärts verdrängten Chinesen schmollten nicht lange und nutzten die Chancen, vermehrten sich prächtig, bauten Lagerhäuser, der Handel blühte…das sprach sich auch in China herum, weitere „Schlitzaugen“ strömten in die Königsstadt. Vor 100 Jahren waren fast zwei Drittel aller Einwohner in Bangkok Chinesen.
Auch heute noch fließt bei mindestens 40 Prozent der Bewohner chinesisches Blut in den Adern. Chinesische Enklaven befinden sich in mehreren Stadtteilen.
Den größten Teil der thailändischen Großindustrie und der Finanzwelt beherrschen chinesische Familienklans. Die Chinatown mit ihren verwinkelten Gassen, kleinen Handwerksbetrieben, zahlreichen Märkten und Straßenküchen ist eine der touristischen Hauptattraktionen der Stadt (siehe hierzu den Artikel: Bangkok Chinatown, das Herz der Stadt).
Silom
Die Silom zwischen der Chaoren Krung und dem Lumpini Park war der erste Business-Distrikt des aufstrebenden Bangkoks jenseits der Chinatown. Seit den späten 60ern entstanden hier Hotels, Bürogebäude, Restaurants…aber auch der erste Vergnügungsort für Westler.
Die zwei parallelen Straßen der Patpong beherbergten zunächst Musik-Clubs, dann folgten Gogo-Bars und ähnliche Einrichtungen des Sanuks…Geschäftsleute, Diplomaten, Residents, aber auch Touristen verbrachten hier ihre Abende…
…die Patpong begründete den Ruf des verruchten Bangkoks als sich Europa noch im Zeitalter der Prüderie der Nachkriegszeit befand (siehe hierzu den Artikel: Das Nachtleben in Bangkok: wo, was, wie).
Später mutierte die Patpong zum Touristennepp mit Nightbasar. Die kläglichen Resten der früheren Gogo-Bars lebten ihr tristes Dasein im Schatten ihres früheren Rufs.
In der Covid-Zeit verschwanden die letzten historischen Bars in den zwei Patpong-Srassen. Neuerdings erwachte an der Stelle des früheren Basars ein entspannter Nachtmarkt mit zahlreichen Essensständen.
Im lohnenswerten Patpong Museum können sich Interessierte über die Geschichte des modernen Bangkoks informieren (siehe hierzu den Artikel: Patpong Museum: die Geschichte des modernen Bangkoks).
Die Silom heutzutage: zweieinhalb Kilometer verblichener Glanz, aber immer noch in ihrem unteren Teil quicklebendig mit zahlreichen Restaurants, Geschäften, Straßenküchen…
…und wer hier abends durch die Straße und einige Seitengassen streunt, wird sich bestimmt nicht langweilen und immer etwas Neues, aber auch „altes“ entdecken.
Sukhumvit
Eigentlich eine 480 Km lange Straße, die bis zur kambodschanischen Grenze führt (gebaut ab 1936). An deren Bangkoker Teil befanden sich um die Jahrhundertwende noch Reisfelder.
Erst ab den 60er Jahren beförderte der Vietnamkrieg neues Testosteron in die Adern der Straße. Rest & Recreation Programme für die GIs gebaren Hotels, Restaurants, Bars und die Amüsier-Industrie.
Den amerikanischen Morituri folgten westliche Touristen, die in dieser Gegend ihre Hotels fanden.
Aber auch Vietnamveteranen, Arbeiter aus den Ölfeldern des Mittleren Ostens und die ersten Expats gingen hier ihre ureigene Symbiose mit diesem Viertel ein…ein Viertel weder thailändisch noch westlich, es ist wie ein Kathoy beides…ein gemeinsames Projekt der Thais und Farangs.
Obwohl viele der berühmten historischen Einrichtungen des frühen Sanuks schwinden, gesichtslosen Fassaden von Hotels und Condos weichen müssen, ist der historische Hauch immer noch zu spüren.
Die Sukhmuvit mit ihren Seitenstraßen, den Sois, ist die Gegend für Hedonisten: unzählige Hotels in allen Preislagen, zahlreiche Restaurants, Cafés, Clubs, Bars…aber auch Shopping Malls und Straßenmarkt…
…eine Ausgeh-Gegend par Excellence, und auch das berühmte Nachtleben ist hier zuhause; eine Straße, die nie schläft. Transportmäßig bestens ausgestattet: BTS, MRT und sogar das Khlong-Boot ist nicht weit (siehe hierzu den Artikel: Sukhumvit Gegend: Bangkok-Unterwegs)
Die moderne Innenstadt
Entlang der BTS Stationen Phloen Chit und Siam locken moderne Shopping-Malls, teure Hotels, gehobene Restaurants, Fastfood…der Konsum wird großgeschrieben, Thais und Farangs strömen in Scharen.
Aber auch der alte Pratunam-Markt versteckt sich um die Ecke. Tagsüber ist dieser Teil von Bangkok lebendig, am späteren Abend fast ausgestorben…die leeren Strassen vor den glitzernden Konsumtempeln wirken auf manche sogar depressiv.
Communities
Die Anzahl der Bewohner Bangkoks betrug im Jahre 1910 an die 340.000, um das Jahr 1960 etwa 2.1 Mio. und heute (ohne die Vorortgürtel) an die 10 Millionen.
Dieser rasante Anstieg der Bevölkerung erfolgte überwiegend durch Zuwanderung aus den Provinzen bzw. auch aus anderen südostasiatischen Ländern.
Diese Zuwanderer integrierten sich nicht in die bestehende Bevölkerung, bildeten sog. Communities; manchmal weist sogar ein Schild darauf hin.
Diese Gemeinschaften brachten ihren eigenen Lebensstil, Rezepte für ihr Essen bis hin zur Gestaltung der Straßen und Häuser; ein unendliches „Straßentheater“ für den interessierten Besucher.
Thonburi
Die Geschichte des historischen Stadtteils auf dem West-Ufer der Chao Praya reicht bis in die Ayutthaya Periode zurück. Um das Jahr 1660 entstand hier eine Fort-Stadt; die aus Burma eingewanderten Mons betrieben hier eine Zollstation für Händler, die in die Königsstadt segelten.
Als die Burmanen 1768 Ayutthaya zerstörten, flüchtete König Taksin nach Thonburi. Zu dieser Zeit bestand Thonburi nur aus Kanälen, ohne Straßen.
Sein Nachfolger, Rama I, wechselte auf die andere Fluss-Seite, schubste die hier im Olivendorf Ban-Kok lebenden Chinese beiseite und begann 1782 mit dem Bau des Großen Palastes. Thonburi verfiel für die nächsten 200 Jahre in einen Dornröschenschlaf und wurde erst 1971 nach Bangkok eingegliedert.
Im heutigen Thonburi findet der Besucher noch viel von dem „authentischen“ früheren Bangkok. Eine Wanderung entlang der zahlreichen Kanäle oder auch des Chao Prayas führt den Besucher in Welten, die nur wenige Touristen in Bangkok vermuten.
Siehe hierzu die Artikel: Bangkok-Unterwegs: ein Spaziergang in Thonburi; und Bangkok-Unterwegs: Baan Silapin, das unbekannte Thonburi
Der Fluch der Reiseführer und Blogs
Google, die Reiseführer und Blogs kennen sie, die Top 10 Sehenswürdigkeiten: Grand Palace, Wat Po, Wat Arun, Chinatown, Chatuchak Market, Khlong Fahrt, Jim Thomson Haus, MBK, schwimmende Märkte …
…und dazu kommen noch die 7 besten Insider-Empfehlungen und ultimativen Geheimtipps.
Müssen wir wirklich alle diese Sehenswürdigkeiten abarbeiten und dazu noch einige der Geheimtipps, die durch ihre Veröffentlichung das Attribut des „Geheimen“ unwiederbringlich verlieren?
Nein, wir müssen nicht. Und ist der Grand Palace eine Top-Sehenswürdigkeit, nur weil ihn jeder Bangkok-Besucher obligatorisch belatscht?
…die Medien pflanzen Bilder von Bangkok in unseren Kopf
Was sehens-würdig ist, kann jeder nur für sich selbst bestimmen und nicht der Reiseführer oder selbsternannte Insider, die immer nur dieselben Orte herunterbeten.
Jeder Mensch ist verschieden, verfügt über eigene Präferenzen, folgt anderen Interessen. Diese Interessen kennen die Autoren der Empfehlungen nicht, wollen aber ihre anonymen Leser bedienen und dabei seriös und kompetent erscheinen.
Mit den obligaten Sightseeing-Gemeinplätzen können sie nichts falsch machen, stehen stets auf der sicheren Seite des Reiseführer- oder Bloggerdaseins.
Die Faszination von Bangkok erleben
Im Roman „Stille Tage in Bangkok“ (siehe Literatur über Bangkok) versucht die Hauptfigur, Pierre, das Faszinosum von Bangkok zu ergründen (unter anderem)…
…die Antwort auf die Frage, warum die Stadt so viele Besucher und Expats in ihren Bann zieht…
…er sucht die Antworten in den zahllosen Mosaiksteinchen: Straßenküchen, 5-Sterne Hotels, Märkte, Tempel, Shopping-Malls, Jazzclubs, Bars, unter der schmutzigen Decke des Bettlers, den stinkenden Khlongs, in dem Lachen der Menschen, im Blumenmarkt, an den Ufern des Chao Phraya, in den Schössen der Frauen…
Mit dem Verstand lässt sich die Stadt nicht begreifen. Westliche Besucher suchen oft nur das Bedeutende, das Besondere. Unsere Augen gehorchen dem Gehirn, sehen dabei nur die eigenen Ideen von der Stadt.
…die kleinen und die großen Dinge
Irgendwann gibt das Bewusstsein nach…die Augen dringen durch den Schleier…entdecken plötzlich die tausend Gesichter der Stadt…auch die unbedeutenden, die banalen Dinge werden sichtbar…das Kleine wird groß, das Große ist nicht mehr wichtig.
Bangkok kann am intensivsten derjenige erleben, wer sich von den eingepflanzten Bildern löst, Vorstellungen und Vorurteile über Bord wirft, die Augen öffnet, selbst auf Entdeckungsreise geht.
Planung, Planung, Planung, oder?
Fast jeder verbringt maximal 3-4 Tage in Bangkok. Wiederholungstäter einiges mehr. Die Zeit ist knapp und da gilt es genau zu planen. Genau dies kann das „Erleben“ der Stadt erschweren, wenn jemand fest geplanten Programmen hinterher hechelt, „Sehenswürdigkeiten“ abarbeitet.
…wenige Eckpunkte festlegen und sich treiben lassen
Oft sind es die unerwarteten Erlebnisse und „Sachen“, die besondere Atmosphäre an einem Ort, welche die Besucher faszinieren. So etwas lässt sich nicht planen. Warum nicht einige wenige Eckpunkte festlegen und sich dann entspannt treiben lassen.
Das Tagesgesicht und das Nachtgesicht
Am Tag oft heiß, diesig und grau, in der Nacht funkelnd und energiegeladen. Beide Gesichter gehören zu Bangkok. Viele der Sehenswürdigkeiten, aber auch manche Entdeckungsreise geht nur tagsüber…
…hierfür finde ich den frühen Morgen oder späten Nachmittag am geeignetsten, wenn die Sonne nicht gnadenlos vom Himmel brennt…und für Fotografen ist das Licht kurz von der Abenddämmerung ein MUSS.
Ich mag das Nachtgesicht der Stadt…das Spiel der Lichter an den Häusern, die geheimnisvollen Schatten…die ungebändigte Energie, welche die Stadt aus unsichtbaren Nüstern verströmt.
Aber wohin am Abend und in der Nacht? Eigentlich überall, aber zwei Gegenden überragen den Rest…
…einmal die Khaosan-Gegend im alten Bezirk Banglampoo. Diese entspannte Gegend mit vielen ruhigen Restaurants, Musik-Klubs, Straßenküchen wie in der Soi Rambuttri oder der Samsen-Gegend eignet sich insbesondere auch für Eltern mit kleineren Kindern. Hier sind die Kids vor der Hektik der Stadt sicher…
…und dann die Ausgeh-Gegend entlang der Sukhumvit: hier ist die Bühne, hier sind die Gaukler, hier trommelt das Straßenorchester im Staccato.
Wie eine grell geschminkte Drag-Queen lockt die Straße die Lebenssüchtigen, tröstet die Einsamen, verspricht den Unentschlossenen: „Alles ist möglich, nichts unmöglich…morgen ist auch ein Tag, der heutige könnte aber dein letzter sein.“
In dieser Gegend schläft die Stadt nie. Und wer einmal das Morgengrauen erlebt, wenn die Nacht den Tag berührt, die Nachteulen den Früherwachten begegnen, wird diese magische Stunde nie mehr missen wollen.
…die optimale Hotel-Gegend wählen
Mit den zwei Gesichtern der Stadt hängt auch die Auswahl der Hotel-Gegend zusammen, denn wer am Abend an einem bestimmten Ort sein möchte, für den ist es einfacher in einer solchen Gegend auch sein Hotel zu wählen (siehe der Artikel: Wie in Bangkok übernachten); Bangkok ist riesig, die Transportwege lang, und ab Mitternacht geht nur noch Taxi.
Hier geht es zu den Empfehlungen und Tipps
In der Kategorie „BANGKOK-UNTERWEGS“ haben die Autoren mehrere „touristische“ Spaziergänge durch einige Stadtteile nach logistischen Gesichtspunkten zusammengestellt. In der Kategorie „ORTE & HIGHLIGHTS“ werden konkrete Orte beschrieben.
Die weiteren Kategorien enthalten die Themen: Nachtleben, Essen-Trinken-Shoppen, Gesellschaft, Kunst & Literatur und allgemeine Infos zu Bangkok.
Daneben geben Deborah, Steve und Aaron in den verlinkten Artikeln einige Anregungen für ein 3 Tages-Programm.
Ein persönlicher Tipp zum Schluss: mit einer thailändischen Sim-Karte einschließlich hinzugekauften Internet und dann Google-Maps geht das Erleben der Stadt wie von selbst, ohne käme ich auch nach vielen Jahren in Bangkok nicht zurecht.
(aktualisiert 6/2023)
Sehr interessanter Artikel – und empfehlenswert der faszinierende Roman „Stille Tage in Bangkok“ 😃