Der Nang Loeng Market ist einer der ältesten Märkte in Bangkok, genauer gesagt der Essensmärkte; und ich versteife mich hier einfach zu der Behauptung, es ist der älteste noch funktionierende Essensmarkt in der Stadt. Jedenfalls kenne ich keinen älteren, was aber nichts zu bedeuten hat. Ich mag diesen Markt, aber nicht nur den Markt, sondern auch die Umgebung.
Und was ist mit dem „Leiden“ in der Überschrift? Was mich betrifft, sicherlich übertrieben, andere „Insider“ mögen vielleicht leiden. Um was geht es? Es geht um die Frage, warum einige in Bangkok lebenden Insider manche Sachen anders sehen als die allgegenwärtig bloggende Schwarm-Intelligenz oder die Members in den FB-Reisegruppen.
Na eben, weil sie als selbsternannte Besserwisser um jeden Preis anders sein wollen. Wäre viel zu anstrengend und außerdem dumm. Die Lösung fiel mir ein, als ich den obigen Markt besuchte und im Geiste bereits einen Artikel darüber konzipiert habe. Dabei kamen mir all die Artikel über die angesagten und hochgepriesenen Märkte in Bangkok in den Sinn wie etwa Chatuchak oder Talad Rot Fai, denen auf „Bangkok von Insidern“ eine mehr oder weniger despektierliche Behandlung widerfuhr (siehe „7 Sehenswürdigkeiten, die man nicht sehen muss„, „Essen in Bangkok„, „Einkaufen in Bangkok„).
Die unterschiedlichen Sichtweisen einer Stadt
Nehmen wir einen klassischen Reiseblogger oder Traveller, der von einem Land in das andere reist. Bevor er Bangkok besucht, liest er zuvor Blogs, Reiseführer und holt Infos in den FB-Gruppen ein. Hier erfährt er, dass er unbedingt den Grand Palace, Chatuchak oder den Talad Rot Fai aufsuchen muss. Er befolgt die Ratschläge und sieht dort faszinierende Sachen, die er vorher so noch nicht gesehen hat, findet die im Gehirn gespeicherten Bilder aus den Blogs bestätigt und ist begeistert. Und diese Begeisterung findet dann Eingang in seinen Blog oder die Tipps für andere; ein ewiges Perpetuum mobile beginnt.
Und der Insider? Dem erging es genauso. Aber mit der Zeit entdeckte er noch andere Orte, konnte vergleichen…Und dann fiel ihm auf, dass es ihm keinen besonderen Spaß macht, in den überfüllten, unübersichtlichen und stickigen Hallen des Chatuchak zu wandeln oder sein ergattertes Nachtmahl beengt zwischen schwitzenden Touristen und Thais auf dem Thalad Rot Fai zu verzehren.
Letztendlich ist das alles nicht so wichtig, soll doch jeder schwitzen, wo er mag, beengt oder entspannt, was soll’s. Und wenn ein Insider nicht den geballten Zorn der Schwarmintelligenz & FB-Mainstreams erträgt, kann er sich in einer Psycho-Gruppe anmelden.
Talad Nang Loeng
Der Markt entstand im Jahr 1900. Und es war bereits zu dieser Zeit ein Essens-Markt, der die Bewohner der Umgebung mit Leckereien versorgte. Die Bewohner damals ein reines Multikulti; die umliegende Gegend war bereits seit 200 Jahren „besiedelt“. Unter den ersten müssen auch einige Mon hier gewesen sein, denn „Nang Loeng“ bezeichnet ein Tongefäß, was die Immigranten aus Burma bis heute noch auf Ko Kret herstellen.
Dann ließen sich hier Chinesen, im Anschluss reiche Thais und dazwischen auch einige Engländer nieder. Die vermögenderen Thais bauten sich in der Umgebung ihre „Residenz-Paläste“, insbesondere entlang des nahen Krung Kasem Kanals. Aber das ist nicht alles, auch kambodschanische und laotische Einflüsse soll es hier gegeben haben. Und alle holten sich ihre Speisen im Talad Nang Loeng.
Die heutige Umgebung bewohnen überwiegend chinesische Thais. Aber die Speisenvielfalt im Markt blieb erhalten. In die alte Eisen-Konstruktion wurde 2006 ein moderner Food-Court integriert mit blankpolierten Stahltischen. Und was gibt es hier zu essen? Aufzählen geht fast nicht, zu umfangreich; preiswert. Einige Rezepte wechseln von einer zu der anderen Küchen-Dame über Generationen hinweg, auf den normalen Nachtmärkten nicht zu erhalten. Nur wenige Speisen bereiten die Köchinnen im Wog zu wie bei Straßenküchen üblich; viele der Curries und die anderen Speisen kochen sie im Voraus.
Der Nang Loeng Essensmarkt bedient die lokalen Menschen aus der Umgebung. Zu Mittagszeit kann es schon etwas voll werden. Während meines letzten Besuchs war ich hier der einzige Farang. Wegen der hohen Eisenkonstruktion, geöffnet zu allen Seiten, und der Deckenventilatoren ist es dort luftig und nicht schwül.
Berühmt sind die zahlreichen Süßspeisen, welche noch auf die frühere Mon-Tradition zurückgehen und die sich bis heute erhalten hat. Die Küchen belagern überwiegend die äußeren Wände und Nischen des Marktes. Und jede bereit andere Speisen. Dies ist auch der Unterschied zu den üblichen Nachtmärkten, wo nicht selten die gleichen Essen zubereitet werden. Bei einigen der „Restaurants“ lassen sich die Speisen an den Tischen direkt davor einnehmen, andere kochen nur für „Abholer“. Die Kunden können jedoch alle Speise auch zum zentralen „Essens-Platz“ in der Mitte des Marktes mitnehmen und dort verzehren.
Nang Loeng, die Umgebung
Den überdachten Nang Loeng Markt umgeben zahlreiche verwinkelte Seitengassen. Dort verstecken sich weitere Küchen, insbesondere Stände mit Snacks. Kulinarios können hier Stunden umher wandeln.
Wer sucht, der findet. Und was? Das älteste Kino im Bangkok, ein prachtvoller Holzbau. Sala Chaloem Chani oder Nang Loeng Cinema eröffnete 1918 und gab die letzte Vorstellung im Jahr 1993. Derzeit ein Lagerhaus. Beim vorletzten Mal, als ich dort war, flatterten noch einige vergilbte Kinoplakate vor dem Eingang. Vielleicht flattern sie immer noch.
Die größeren Straßen direkt hinter dem Markt erinnern an Alleen, voll von Bäumen; gemächliches Treiben der lokalen Bewohner. Es gibt ständig etwas zu entdecken. Immerhin war das hier eine historische Gegend, deren Atem noch durch die Winkel und Gassen weht. Loslaufen und selbst entdecken…
Wenn dann wieder jemand in einer FB-Gruppe fragt: „ich bin drei Tage in Bangkok, was muss ich unbedingt ansehen“ und schon sprudeln auch schon die Tipps: Golden Palace, Wat Po, Chatuchak…, dann leide ich tatsächlich für einen Augenblick.
Der Genius loci, der Geist Bangkoks, versteckt sich kaum an solchen Orten zwischen Menschenmassen und musealen Steinen. Er kommt viel einfacher daher, in unscheinbaren Tempeln, Märkten… Gegenden wie Nang Loeng, in der Chinatown, am Fluss, entlang der Kanäle, in Thonburi…, oder er blinzelt aus Gogo-Bars mit spärlich bekleideten Mädchen…; dieser Geist lässt sich nicht gezielt „ansehen“, den muss jeder für sich selbst erspüren, entdecken…dem Zufall freien Lauf lassen, den Blick auch für das Kleine und Unbedeutende öffnen, festgesetzte Bilder der Stadt aus dem Gehirn werfen …
Anreise: vom Golden Mount die Nakhon Sawan Rd. entlang laufen, der Markt befindet sich kurz vor dem Kanal (wer den Haupteingang nicht entdeckt, macht nichts, denn jede der kleinen Seitengassen führt zum Markt). Von der Khaosan-Gegend am Saen Saep Kanal entlang spazieren bis an die Kreuzung vor dem Wat Saket; aus der Sukhumvit oder Innenstadt am besten mit dem Khlong-Boot bis zur Endstation am Golden Mount.
Zu besseren Orientierung hier klicken: Karte